BMWs erstes Automobil nach dem Krieg oder der "bayrische Barockengel"
Schon seit Herbst 1947 baute BMW wieder Motorräder und im Laufe der Zeit nahmen auch immer mehr Automobilfirmen - mehr oder minder bekannt - die Produktion auf, worunter sich viele neu gegründete und gänzlich unbekannte Hersteller befanden.
Gesetzt wurde auf das Klein- und Kleinstwagengeschäft, welches ja in den Nachkriegsjahren zu einer großen Blüte gelangte. Aber auch auf dem Sektor der Mittelklasse behaupteten namhafte Firmen schon wieder ihren Platz.
BMW indes verhandelte 1947/48 mit Adler, zwecks Bau eines gemeinsamen Karosseriewerks, denn beide hatten einen Großteil ihrer Karosserien vor dem Kriege bei Ambi-Budd in Berlin produzieren lassen. Nun lag aber deren Fabrikationsanlage in der Sowjetzone und obendrein waren alle Werkzeuge von den Russen beschlagnahmt worden. Hätte der damalige Adler-Generaldirektor nicht die Entscheidung getroffen, daß Adler keine Automobile mehr baut, so wären bei BMW die großen Fahrzeuge mit über Zweiliter-Hubraum gebaut worden und Adler hätte sich auf die Modelle bis zu Zweiliter-Hubraum spezialisiert.
Trotz dieser gescheiterten Pläne begann man bei BMW mit der Entwicklung einer Sechszylinder-Luxuslimousine, da man sich mit einem kleineren Automobil keine Marktchancen mehr ausrechnete. 1949 begannen die ersten Arbeiten zu diesem Fahrzeug, das nicht nur das Konstruktionsprinzip des Vorkriegsmodells 326 fortführen, sondern auch seinen Zweiliter-Sechszylinder- Reihenmotor - etwas leistungsgesteigert übernehmen sollte.
Zur Herstellung der Motoren waren auch mittlerweile die Gußformen wieder aufgetaucht, mit denen man früher die Austauschaggregate produziert hatte. Bei der Präsentation des Prototyps im Mai 1950 standen noch zwei grundverschiedene Karosseriemodelle zur Wahl. Als erstes eine von BMW selbst entworfene sehr konservative Karosserie im Stil der enddreißiger Jahre. Das rundliche Fahrzeug hatte den traditionellen Nierengrill und fiel durch lang geschwungene Kotflügel auf. Der zweite mehr pontonförmige Karosserieentwurf stammte von dem italienischen Stylisten Pinin Farina und stellte eine viertürige dem Stil der Zeit entsprechende Limousine dar. Aber dieser Vorschlag bieb auf der Strecke - er gefiel dem BMW-Aufsichtsrat am wenigsten.
Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main 1951 war der neue BMW - inzwischen auf den Namen 501 getauft - die Sensation. Über Lieferzeit und technische Details so wie den Verkaufspreis ließ sich zu diesem Zeitpunkt aber noch gar nichts sagen. Eine Ende des Jahres 1951 geplante Serie des 501 scheiterte nicht an der schlechten Rohstoffsituation, die damals herrschte, sondern daran, daß sich einfach kein Hersteller für die Karosserien finden ließ. Erst im Dezember 1952 konnten die ersten 501 an die hart geprüfte Kundschaft ausgeliefert werden, nachdem die Stuttgarter Firma Baur die Produktion der Karosserien übernommen hatte.
Der 501, bald von der Öffentlichkeit "bayrischer Barockengel" genannt, brachte so manche Neuerung:
- erstmals wurde bei einem deutschen Wagen serienmäßig Schaumgummipolsterung (Dunlopillo) verwandt
- zusammen mit dem Borgward Hansa 2400 führteder 501 die hydraulisch betätigte Kupplung in den deutschen Serienautomobilbau ein
- das Getriebe war nicht direkt an den Motorblock angeflanscht, sondern lag über eine kurze Zwischenwelle mit diesem verbunden unter den Vordersitzen.
Vorteile: die Motoraufhängung braucht nicht auf das höchste Getriebedrehmoment ausgelegt zu werden, man kann sie also ungewöhnlich weich lagern, was die Laufruhe des Motors begünstigt. Weiterhin entfällt der Getriebetunnel, wodurch bei den Vordersitzen viel Beinfreiheit entsteht.
Noch einige andere - damals wie auch heute - nicht alltägliche Ausstattungsdetails zeichneten den BMW 501 aus, so z.B. eine serienmäßige Verbundglasfrontscheibe. Daß die Konstruktion sehr durchdacht war, beweist unter anderem, daß das Benzin von Hand zu dem Vergaser weitergepumpt werden konnte, falls die Benzinpumpe einmal ausgefallen sein sollte. Ferner hatte der 501 - rechnerisch ermittelt - denselben Luftwiderstandsbeiwert wie der damals in der Aerodynamik am fortschrittlichsten gewesene Wagen, der DS 19 von Citroen.
Selbstverständlich ließen sich auch Zugeständnisse an die damaligen Automobile finden, wie das weiße Lenkrad oder die damals über alles gelobte Lenkradschaltung. Der Motor des BMW 501 entsprach weitestgehend dem des Vorkriegsmodells 326, lediglich die Leistung wurde von 50 PS auf 65 PS erhöht. Der kräftige Kastenrahmen allerdings stellte eine Neukonstruktion dar, wobei er weder vorn noch hinten Blattfedern hatte, sondern mit einer sehr aufwendigen Drehstabfederung ausgerüstet war. Die hintere Banjoachse war durch einen Dreieckslenker geführt und die Vorderachse durch Doppelquerlenker.
In dieser Ausführung wurde der BMW 501 von 1952 - 1954 unter der Bezeichnung 501 Serie I(*) gebaut. Danach wurde er von den in der Motorleistung auf 72 PS angehobenen Modellen 501A und 501B (Serie 2*) abgelöst, wobei sich der B vom A lediglich durch eine einfachere Ausstattung unterschied. Die Leistungssteigerung der Motoren brachte BMW aber Millionenverluste durch Garantieleistungen, da reihenweise teure Stößeldefekte auftraten. Schließlich wurde anstelle der beiden Modelle A und B 1955 der leicht modifizierte BMW 501-6 (Serie 3*) neben dem mit dem neu präsentierten V8-Motor ausgerüsteten BMW 501-Achtzylinder in das Lieferprogramm aufgenommen.
* Die Bezeichnung „Serie 1“ usw. ist belegt durch von Beginn an verwendete Typenschilder mir entsprechender Bezeichnung
Rein äußerlich läßt sich der 501 Serie I von den späteren 501-Modellen durch die Felgen mit den runden Löchern und einer massiven Schwellerleiste ohne Kunstoffeinlage unterscheiden. Bis Fahrgestellnummer #40724 hatten die Fahrzeuge die kürzeren "Stummelrückleuchten". Ferner war dieser 501 der Serie 1 als einziger serienmäßig mit einem Radio ausgestattet. Ab Fahrgestellnummer #41125 änderten sich die Alustosstangen von einem asymetrischen Profil in ein symetrisches. Bis März 1955 waren bei allen 501-Versionen (501 Serie 1 und 501 Serie 2 = 501A und 501B) die Stoßstangen aus Aluminium gefertigt. Erst der 501-Sechszylinder Serie 3 oder auch 501-6 wies Chromstossstangen auf und war mit Blinkern anstelle von Winkern ausgestattet. Der auffälligste technische Unterschied des letzten 501-Modells zu den anderen Versionen war der bei gleichbleibender Motorleistung auf 2077 cm³ angehobene Hubraum.
1958 wurde die Produktion der Sechszylinderautomobile eingestellt, da der schon 1954 präsentierte BMW 502 mit dem V8-Motor immer mehr Käufer vom 501 wegzog.